Das Dorfentwicklungsprogramm hat im heimischen Landkreis vieles bewegt

Hans-Joachim Egenolf kümmert sich in der Kreisverwaltung um das Thema Dorfentwicklung.

Für private Immobilien in den Fördergebieten gibt es kostenlose Beratung und Sanierungstipps.

Mit Hilfe von Fördermitteln können alte Gebäude nach fachgerechter Sanierung wieder in frischem Glanz erstrahlen.

Limburg-Weilburg. Das Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen hat im Landkreis Limburg-Weilburg die letzten Jahrzehnte schon viel bewegt. 1982 war es noch unter dem Namen Dorferneuerung ins Leben gerufen worden und hat als wichtiges Alleinstellungsmerkmal von Anfang an die Bürgermitwirkung als eigenständiges Programm definiert. Damit hat Hessen in diesem Bereich bundesweit eine Vorreiterrolle übernommen.

Die Dorfentwicklung hat auch im heimischen Raum wichtige Kommunikationsräume für die örtlichen Bürgerinnen und Bürger geschaffen, die Bausubstanz ortsbildprägender Gebäude verbessert und in leerstehenden alten Gebäuden wertvollen Arbeits- und Wohnraum geschaffen. Das sagt Hans-Joachim Egenolf, der in der Kreisverwaltung Limburg-Weilburg Fachdienstleiter Landentwicklung und Denkmalschutz im Amt für Ländlichen Raum ist. Egenolf und sein interdisziplinär besetztes Sachbearbeiterinnen-Team sind für den Aufgabenbereich Dorf-und Regionalentwicklung nicht nur für den Landkreis Limburg-Weilburg, sondern auch für den Rheingau-Taunus-Kreis und die Stadt Wiesbaden zuständig. „Auch in Großstädten gibt es dörflich geprägte Stadtteile“, erläutert der Fachmann den Hintergrund.

An den Programminhalten hat sich über die Jahrzehnte einiges geändert. „Am Anfang war es“, wie Hans-Joachim Egenolf weiß, „noch eher ein investives Ortsbegrünungs- und Gestaltungsprogramm“. Mittlerweile gehe es darum, die Vielfalt dörflicher Lebensformen, das bau- und kulturgeschichtliche Erbe sowie den individuellen Charakter der hessischen Dörfer zu erhalten, die Innenentwicklung zu steigern und den Flächenverbrauch zu verringern. Insgesamt stehen an Zuschüssen in Hessen für die Dorfentwicklung pro Jahr aus Mitteln der Europäischen Union, des Bundes und des Landes rund 30 Millionen Euro zur Verfügung. Jedes Jahr rechtzeitig vor Ende der Bewerbungsfrist schreibt Egenolf die 35 berechtigten Kommunen in seinem Zuständigkeitsbereich an und weist sie auf die Möglichkeit der Aufnahme in das Förderprogramm hin.

 

Wer möchte, kann dann ein Kommunales Entwicklungskonzept (KEK) erstellen und sich anschließend für die Programmteilnahme bewerben. Es gibt eine grobe Vorgabe des Landes, dass im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg etwa die gleiche Anzahl an Kommunen gleichzeitig im Programm sein sollen. Das Hessische Umweltministerium achtet darauf, dass alle Regionen Hessens gleichermaßen zum Zuge kommen. Das heißt, würden sich laut Egenolf aktuell eine Kommune aus dem Kreis Limburg-Weilburg und eine aus dem Rheingau-Taunus-Kreis gleichzeitig bewerben, hätte die aus dem Rheingau-Taunus-Kreis derzeit Vorrang, weil dort die letzten Jahre weniger Kommunen aufgenommen wurden.

 

In der Regel melden sich aber eine Teilnahme planende Kommunen vor der Bewerbung rechtzeitig in Egenolfs Büro. Der versucht dann zu steuern, dass möglichst alle Interessenten in einer fairen Reihenfolge nach und nach zum Zuge kommen. Früher konnte nur ein Ortsteil einer Kommune zeitgleich im Programm sein. Mittlerweile werden die Kommunen mit allen Ortsteilen ins Programm aufgenommen. Da die Kriterien verändert wurden, mittlerweile Ortschaften bis 10.000 Einwohner als Förderschwerpunkt zugelassen werden dürfen, könnte jetzt auch eine im Gespräch befindliche Bewerbung von Elz umsetzbar sein. „Derzeit sind im Landkreis Limburg-Weilburg fünf Kommunen in der Förderung, Mengerskirchen, Dornburg, Waldbrunn, Hünfelden und Weilmünster“, sagt Egenolf. Ob Bewerbung oder nicht, das hängt meist davon ab, wie die Mehrheit der Mandatsträger einer Kommune zu dem Programm steht. Trotz aller wertvollen Landeszuschüsse müssen die Kommunen für alle Fördermaßnahmen nämlich immer einen noch einen Eigenanteil von durchschnittlich 30 Prozent leisten. Egenolf erzählt, dass es bewusst so sei, dass in Hessen nicht nach dem Gießkannenprinzip Mittel verteilt würden, sondern vielmehr in Förderschwerpunkten, in denen ein großes Eigenengagement erwartet werde.

Zudem müssen die Kommunen sich dazu bekennen, während der Programmlaufzeit von sechs Jahren auf die Ausweisung von mit der Innenentwicklung konkurrierenden Neubaugebieten zu verzichten. Der Schwerpunkt der Dorfentwicklung liegt eindeutig bei der Gestaltung und Revitalisierung der Ortskernbereiche. Laut Egenolf muss man aber stets der Einzelfall betrachtet werden. Von daher ist es durchaus denkbar, dass trotz Teilnahme am Dorfentwicklungsprogramm ein bedarfsorientiertes Neubaugebiet zur Eigenentwicklung in dem einen oder anderen Ortsteil akzeptiert werden kann.

In den Steuerungsgruppen vor Ort können normale Bürgerinnen und Bürger mitwirken, die sich mit ihren Ideen einbringen können. „Eine solche Steuerungsgruppe sollte“, wie Egenolf betont, nicht nur Mandatsträger, sondern den ganzen Querschnitt einer Gesellschaft abbilden, also auch Vereinsmitglieder, junge Menschen und Frauen umfassen. Laut Egenolf hat durch die Corona-Pandemie und damit die Zunahme von Online-Sitzungen die Beteiligung junger Menschen zugenommen. Egenolf sagt: „Wir reden mit den Mandatsträgern, dass sie sich bei den Bürgerdiskussionen ein bisschen zurückhalten können, um im Idealfall neuen aktiven Menschen eine Beteiligungsmöglichkeit für ihre Gemeinde zu geben“. Am Ende werden im Rahmen der Dorfentwicklung keine Projekte gefördert werden, die von dem Bürgergremium nicht favorisiert werden. Priorisiert werden sollten Projekte, die für die Entwicklung der gesamten Kommune von Vorteil seien.

Förderung privater Maßnahmen sei in der Regel auf die Ortskerne beschränkt. Bei kommunalen Projekten können aber, wie Egenolf weiß, Ausnahmen gemacht werden - beispielsweise wenn es sich um Projekte mit Strahlkraft für die ganze Gemeinde wie zum Beispiel Mehrgenerationenhäuser handele. Den Erfolg der Teilnahme am Programm misst Hans-Joachim Egenolf nicht nur an nackten Zahlen. Es komme vor allem auf die Wertigkeit der einzelnen Projekte sowie eine intensive und nachhaltige Bürgermitwirkung an. Was für Egenolf ebenfalls ein wichtiger Aspekt ist, ist, dass das Programm seit nunmehr über 40 Jahren dazu beiträgt, der mittelständischen heimischen Bauwirtschaft die Auftragsbücher zu füllen und somit in der ländlichen Region wertvolle Arbeitsplätze zu sichern. Ein Euro Zuschuss führt nach den Erfahrungen bei privaten Ma0nahmen in der Regel zu örtlichen Investitionen von fünf bis sieben Euro, wie Egenolf weiß.

Auch für private Immobilienbesitzer lohnt es sich, während der Programmlaufzeit zumindest eine kostenlose Beratung durch einen von der Kommune beauftragten Fachberater in Anspruch zu nehmen. Das verpflichtet zu nichts. Doch nach 14 Tagen habe man ein Protokoll, was aufzeige, was aus dieser Immobilie mit Förderung entwickelt werden könne. Man muss sich an die Spielregeln wie passende Baumaterialien halten, kann dann aber für ein normales Projekt 35 Prozent der förderfähigen Nettokosten als Zuschuss erhalten, in Höhe von bis zu 45.000 Euro für die normale Immobilie und 60.000 Euro für ein Einzelkulturdenkmal. Wenn auf einem Grundstück mehrere Projekte verwirklicht würden, könne man unter Umständen sogar auch mehrfach Zuschüsse bekommen, weiß der Fachdienstleiter der heimischen Kreisverwaltung. Eine zu drei Wohneinheiten umgebaute Scheune könne im Optimalfall 200.000 Euro Zuschuss bringen.