25 Jahre Kontaktgruppe für Lebertransplantierte/Jeder sollten bewusste Entscheidung in Sachen Organspende treffen

Mariele Höhn (links) und Elke Aryeequaye von der heimischen Selbsthilfegruppe für Lebertransplantierte.

Limburg-Weilburg. Die Kontaktgruppe Westerwald/Rhein-Lahn des bundesweiten Selbsthilfeverbandes „Lebertransplantierte Deutschland e.V. hätte 2022 ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert. Das ist durch die Corona-Pandemie verschoben worden und soll nun dieses Jahr, voraussichtlich in Limburg, als „25+1“-Veranstaltung nachgeholt werden. Die ehrenamtlich tätige Ansprechpartnerin Mariele Höhn ist selbst von Anfang an dabei. „Es ist wichtig, sich mit Menschen auszutauschen, die dasselbe wie ich erlebt haben“, sagt sie. Die Gruppe mit 31 Mitgliedern sei so etwas wie eine große Familie für sie geworden. Die Mitglieder würden auch einige Freizeitaktivitäten wie Ausflüge, Wanderungen und Grillnachmittage miteinander unternehmen. Unregelmäßig gibt es in Montabaur Treffen, meistens samstags, weil es den Betroffenen da zeitlich am besten passt. Zudem werden den Mitgliedern Fachvorträge und Beratung angeboten. Die Leiterin der Kontaktgruppe sagt: „Ohne Organspende würde ich heute nicht mehr leben“. Als junger Frau ging es Mariele Höhn gut und sie beschäftigte sich folglich nicht mit Themen wie Organspende. Plötzlich wurden, ohne körperliche Vorwarnung, bei einer Routineuntersuchung beängstigende Leberwerte bei der damals 21 Jahre jungen Frau festgestellt. Die heute 67 Jahre alte Architektin aus Boden bei Montabaur erzählt, dass ihr der Arzt damals nach Feststellung der Diagnose, die fünf Jahre gedauert hatte, erklärt habe, dass ihre Lebenserwartung zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch eineinhalb Jahre betragen werde. Mariele Höhn sagte sich „Das kann es doch jetzt noch nicht gewesen sein“ und kämpfte um ihr Leben.

Bei Höhn selbst war es eine Autoimmunerkrankung der inneren und äußeren Gallenwege. Bis heute ist die Erkrankung (Primär Sklerosierende Cholangitis) nicht heilbar. Ihr wurde aber durch eine Entlastungs-Operation geholfen, die ihr ermöglichte, noch mehrere Jahre mit der eigenen Leber zu überleben, bevor es zu einer Transplantation kommen konnte. In dieser Zeit bekam Mariele Höhn sogar eine Tochter. Doch nach der Schwangerschaft verschlechterte sich ihr Zustand rapide. Sie bekam Fieberschübe und die Blutwerte verschlimmerten sich drastisch, so dass sie auf die Warteliste für eine Transplantation gesetzt wurde. Von da an musste sie immer erreichbar sein. Glücklicherweise bekam sie dann rechtzeitig noch den Anruf, dass eine Spenderleber für sie zur Verfügung stehe. Mit einem Privatflieger ging es dann in die Medizinische Hochschule Hannover. Zu diesem Zeitpunkt ging man noch von einer Überlebenszeit von sieben bis zehn Jahren aus.  Mittlerweile sind es über 30 Jahre geworden und die Leber funktioniert nach wie vor gut. „Ich muss täglich Medikamente nehmen, sogenannte Immunsuppressiva, die verhindern, dass das fremde Organ abgestoßen wird. „Dadurch wird das Immunsystem runtergefahren und wir Transplantierte müssen uns deshalb vor Infektionen schützen“, berichtet Mariele Höhn. Zwei Mal im Jahr müsse sie in die Unimedizin Mainz zur Kontrolluntersuchung fahren. Die Überlebenszeit nach einer Transplantation hängt von einigen Faktoren ab wie dem Zustand des Patienten vor der Transplantation, dem Zustand des Organs, der Grunderkrankung und dem Verhalten des Patienten. Heute werden oft Patienten schon drei Wochen nach der Transplantation entlassen und können nach einer bestimmten Zeit wieder berufstätig sein. Mariele Höhn hat nach eigenem Bericht nur stundenweise wieder als Architektin tätig sein können.

Sie sagt, dass es für jeden Menschen wichtig sei, sich mit dem Thema Organspende zu befassen, weil noch immer in Deutschland pro Tag drei Menschen auf der Warteliste sterben müssten, weil ihnen kein Spenderorgan zur Verfügung stehe. Viele Menschen hätten immer noch Angst, dass sie bei einer eventuellen Organentnahme nicht „richtig tot“ seien. Diese Sorge ist aber unbegründet, da die Hirntoddiagnostik in Deutschland sehr sicher sei und der Hirntod von zwei unabhängigen Fachärzten unabhängig voneinander festgestellt werden müsse. Das ganze Prozedere ist im Transplantationsgesetz geregelt und transparent. Leider glaubten dennoch viele, dass, was in manchen Fernsehfilmen zu sehen sei, der Realität entspreche. Höhn sagt, dass ihr die Widerspruchsregelung wie in Nachbarländern lieber wäre, wo es teilweise deutlich mehr Organspenden gebe. Dort kann jeder zum Organspender werden, der nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widerspricht. Für sich selbst eine Entscheidung zu treffen belastet dann später laut der Ansprechpartnerin auch nicht mehr die eigenen Angehörigen, die oft mit der Entscheidung überfordert seien, bei einem hirntoten Patienten weiterhin lebenserhaltende Maßnahmen durchführen zu lassen oder nicht. Eine Alternative ist die Leberlebendspende, die aber nur bei engen Familienangehörigen geht. Sie ist keine einfache Operation, kann aber im Notfall dem Schwerkranken das Leben retten. Die Leber ist übrigens das einzige Organ, das wieder nachwächst. 

Um zu informieren, geht Höhn beispielsweise in Schulen. Sie hat den Eindruck, dass jüngere Menschen viel offenerer mit den Themen Transplantation und Tod umgehen würden. Was nicht heiße, dass sie nicht häufig sehr kritische Nachfragen stellten. Eine der Antworten Höhns ist, dass viele Faktoren zu einer geschädigten Leber führen können und nur einer davon überhöhter Alkoholkonsum sei. Die Transplantierte hadert aber nicht damit, sondern ist froh, durch die Organspende ein neues Leben geschenkt bekommen zu haben. „Es ist wichtig, dass die Bevölkerung über das Thema Organspende gut aufgeklärt ist und mehr Menschen einen Organspenderausweis besitzen. Wichtig ist eine Entscheidung pro oder kontra. Das muss jeder selbst überlegen. Nur sollte jeder diese Entscheidung auf einem Organspenderausweis bekunden, damit die Angehörigen im Fall des Falles Bescheid wissen.

Infos bei: Mariele Höhn, Tel.: 02602 81255 oder mariele.hoehn(at)lebertransplantation.de

Homepage: www.lebertransplantation.eu