Verordnung des Landes Hessen zur Bekämpfung des Corona-Virus (1)

Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus
Vom
Aufgrund des § 32 Satz 1 und 2 des Infektionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148), verordnet die Landesregierung:
§ 1
(1) Zur Sicherstellung der notwendigen Personalausstattung in der gesundheitlichen Versorgung von Menschen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung wird für Angehörige der in Abs. 2 bestimmten Personengruppen, die sich in den 14 Tagen vor Inkrafttreten dieser Verordnung oder danach in einem Risikogebiet für Infektionen mit dem SARS-CoV-2—Virus aufgehalten haben, eine Absonderung nach § 30 Abs. 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes in der eigenen Häuslichkeit allgemein angeordnet. Für Personen, auf die die Voraussetzungen aus Satz 1 zutreffen, mit Wohnsitz außerhalb Hessens wird ein berufliches Tätigkeitsverbot nach § 31 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes in der jeweiligen Tätigkeit nach Abs. 2 allgemein angeordnet.
(2) Hiervon erfasst sind die folgenden Personengruppen:
1. Angehörige des Polizeivollzugsdienstes im Sinne der Hessischen Polizeilaufbahnverordnung vom 10. März 2015 (GVBl. S. 134), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (GVBl. S. 114), sowie des Bundespolizeigesetzes vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2978, 2979), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1724) und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Landes, die bei den Polizeipräsidien tätig sind und Vollzugsaufgaben wahrnehmen,
2. Angehörige von Feuerwehren gemäß §§ 9 und 10 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Januar 2014 (GVBl. S. 26), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. August 2018 (GVBl. S. 374),
3. Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte der Justiz,
4. Bedienstete des Justiz- und Maßregelvollzuges,
5. Bedienstete von Rettungsdiensten gemäß § 3 Abs. 1 des Hessischen Rettungsdienstgesetzes vom 16. Dezember 2010 (GVBl. I S. 646), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Sep-tember 2018 (GVBl. S. 580),
6. Helferinnen und Helfer des Technischen Hilfswerkes gemäß § 2 des THW-Gesetz vom 22. Januar 1990 (BGBl. I S. 118), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1514),
7. Helferinnen und Helfer des Katastrophenschutzes gemäß § 38 Abs. 1 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes,
8. die in der gesundheitlichen Versorgung von Menschen tätigen Angehörigen medizinischer und pflegerischer Berufe, insbesondere
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a) Altenpflegerinnen und Altenpfleger nach § 1 des Altenpflegegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 2003 (BGBl. I S. 1691), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) in Verbindung mit § 64 des Pflegeberufegesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2581), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Januar 2020 (BGBl. I S. 66), oder nach § 58 Abs. 2 des Pflegeberufegesetzes,
b) Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer nach § 1 des Hessischen Altenpflegegeset-zes vom 5. Juli 2007 (GVBl. I S. 381), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2018 (GVBl. S. 296),
c) Anästhesietechnische Assistentinnen und Anästhesietechnische Assistenten im Sinne der §§ 1 und 2 der DKG-Empfehlung zur Ausbildung und Prüfung von Operationstechni-schen und Anästhesietechnischen Assistentinnen/Assistenten vom 17. September 2013,
d) Ärztinnen und Ärzte nach § 2a der Bundesärzteordnung in der Fassung der Bekanntma-chung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1218), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Au-gust 2019 (BGBl. I S. 1307),
e) Apothekerinnen und Apotheker nach § 3 der Bundes-Apothekerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juli 1989 (BGBl. I S. 1478, 1842), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307),
f) Desinfektorinnen und Desinfektoren nach § 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Desinfektorinnen und Desinfektoren vom 6. Dezember 2010 (GVBl. I S. 711), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Dezember 2015 (GVBl. S. 580),
g) Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Krankenpflegegesetzes vom 16. Juli 2003 (BGBl. I S. 1442), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307), in Verbindung mit § 64 des Pflegeberufegesetzes oder nach § 58 Abs. 1 des Pflegeberufegesetzes,
h) Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Gesundheits- und Krankenpfleger nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Krankenpflegegesetzes, in Verbindung mit § 64 des Pflegeberufegesetzes,
i) Hebammen gemäß § 3 des Hebammengesetzes vom 22. November 2019 (BGBl. I S. 1759),
j) Krankenpflegehelferinnen und Krankenpflegehelfer gemäß § 1 des Hessisches Krankenpflegehilfegesetzes vom 21. September 2004 (GVBl. I S. 279), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. September 2017 (GVBl. S. 313),
k) Medizinische Fachangestellte gemäß § 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Medizinischen Fachangestellten/zur Medizinischen Fachangestellten vom 26. April 2006 (BGBl. I S. 1097),
l) Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentinnen und Medizinisch-technische Labo-ratoriumsassistenten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des MTA-Gesetzes vom 2. August 1993 (BGBl. I S. 1402), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307),
m) Medizinisch-technische Radiologieassistentinnen und Medizinisch-technische Radiologieassistenten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 des MTA-Gesetzes,
n) Medizinisch-technische Assistentinnen für Funktionsdiagnostik oder Medizinisch-technischer Assistenten für Funktionsdiagnostik gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 des MTA-Gesetzes,
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o) Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter gemäß § 1 des Notfallsanitätergesetzes vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1348), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2768),
p) Operationstechnische Assistentinnen und Operationstechnische Assistenten im Sinne der §§ 1 und 2 der DKG-Empfehlung zur Ausbildung und Prüfung von Operationstechnischen und Anästhesietechnischen Assistentinnen/Assistenten vom 17. September 2013,
q) Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes,
r) Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner nach § 1 Absatz 1 Satz 2 des Pflegeberufegesetzes,
s) Pharmazeutisch-technische Assistentinnen oder pharmazeutisch-technische Assistenten nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assis-tenten in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1997 (BGBl. I S. 2349), zuletzt geändert durch Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307),
t) Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten nach § 1 des Rettungsassistentengesetzes vom 10. Juli 1989, zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Dezember 2007 (BGBl. I S: 2686) in Verbindung mit § 30 des Notfallsanitätergesetzes,
u) Zahnärztinnen und Zahnärzte gemäß § 1 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1987 (BGBl. I S. 1225), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2768),
v) Zahnmedizinische Fachangestellte gemäß § 1 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Zahnmedizinischen Fachangestellten/zur Zahnmedizinischen Fachangestellten vom 4. Juli 2001 (BGBl. I S. 1492).
(3) Risikogebiet nach Abs. 1 ist ein Gebiet, das durch das Robert Koch-Institut als Risikogebiet oder als besonders betroffenes Gebiet festgelegt ist, solange diese Festlegung nicht aufgehoben wird. Das Gebiet des Landes Hessen gilt nicht als Risikogebiet. Das für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständige Ministerium wird ermächtigt, weitere Gebiete als Risikogebiete im Sinne des Abs. 1 festzulegen oder aufzuheben. Das für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständige Ministerium wird jede Erweiterung oder Änderung von Risikogebieten in geeigneter Form sowie auf der Homepage des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration öffentlich bekanntmachen.
(4) Die Absonderung ist unverzüglich aufzunehmen
1. nach der Einreise aus einem Risikogebiet oder
2. sobald ein Risikogebiet aufgrund des Abs. 3 Satz 3 festgelegt wird und eine Einreise aus diesem Gebiet innerhalb von 14 Tagen vor dem Zeitpunkt der Festlegung erfolgt ist.
Dies gilt entsprechend für ein berufliches Tätigkeitsverbot.
(5) Die Absonderung bzw. das berufliche Tätigkeitsverbot enden am 14. Tag nach dem Tag der Einreise aus dem Risikogebiet.
(6) Soweit dies zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung oder der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zwingend erforderlich ist, kann die Absonderung oder das berufliche Tätigkeitsverbot im Einzelfall für die Dauer des Dienstes ausgesetzt werden. Über eine Aussetzung nach Satz 1 entscheidet die Einsatzleitung vor Ort, die Leitstelle oder bei Personen nach Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 sowie Angehörigen von Feuerwehren gemäß § 9 des Hessischen Brand- und Katastrophenschutzgesetzes die Dienststellenleitung.
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(7) Das zuständige Gesundheitsamt kann im Einzelfall von Abs. 1 abweichende Anordnungen treffen oder das berufliche Tätigkeitsverbot aufheben.
(8) Die §§ 30 und 31 des Infektionsschutzgesetzes bleiben im Übrigen unberührt.
§ 2
Diese Verordnung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 19. April 2020 außer Kraft.
Begründung:
Ganz Hessen ist vermehrt von Infektionen mit SARS-CoV-2 betroffen. Der weitere Verlauf an Infektionen und darauf beruhenden Erkrankungen ist derzeit nicht sicher prognostizierbar. Das Land sollte daher frühzeitig sicherstellen, auch für umfangreichere, schwierigere und langwierige Verläufe gerüstet zu sein.
Besonderer Bedeutung kommt hierbei der Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl an Menschen zu, die als „Funktionsträger“ im Bereich der medizinischen und pflegerischen Versorgung oder im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig sind.
Italien hat in dieser Woche in mehreren Schritten landesweit wegen der Betroffenheit mit Infektionen mit SARS-CoV-2 und Erkrankungen an COVID-19 ganz erhebliche Einschränkungen verfügt. Diese betreffen auch die beliebten Wintersportgebiete, wo am 10.03.2020 der Skibetrieb vollständig eingestellt wurde. Am
Die hiervon betroffenen Personen aus Hessen sind bereits zurückgekehrt oder werden umgehend hierher zurückkehren und spätestens nach Ende ihres Urlaubs ihre Beschäftigung als Funktionsträger wieder aufnehmen. Damit steigt die Gefahr, dass aufgrund unerkannter Infektionen mit SARS-CoV-2 diese Personen ungewollt das Virus in ihren Beschäftigungsbereichen insbesondere an Kolleginnen und Kollegen weitergeben. Auf Grundlage der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts müssen in diesen Fällen diese Kolleginnen und Kollegen als mögliche Kontaktpersonen nach Maßgabe des Infektionsschutzgesetzes abgesondert werden. Nur durch diese vorsorgliche Maßnahme kann dann eine erhebliche Reduzierung des verfügbaren Personals erfolgen. Damit besteht die Gefahr, dass Personalengpässe entstehen, die aber angesichts möglicher Szenarien vermieden werden müssen.
Durch die vorliegende Verordnung soll daher für mögliche Träger von SARS-CoV-2 eine vierzehntägige häusliche Absonderung allgemein angeordnet werden. Für „Grenzgänger“ kann als minus nur ein entsprechendes berufliches Tätigkeitsverbot in Hessen angeordnet werden.
In der derzeitigen Situation, in der die weitere Entwicklung des Aufkommens von Infektionen mit dem COVID-19-Virus und Erkrankungen an SARS-CoV-2 nicht mit großer Sicherheit prognostiziert werden kann, ist besonders auf die dauerhafte Aufrechterhaltung der wesentlichen Funkti-onen des gesamten Gesundheitssystems und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Hes-sen zu achten. In der Gesamtschau dieser Aspekte kommt dem Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung so erhebliche Bedeutung zu, dass auch die persönlich stark einschränkende Absonderung verhältnismäßig erscheint. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis des öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Wiesbaden, den Datum der Ausfertigung
Hessische Landesregierung
Der Ministerpräsident
(Bouffier)
Der Minister für Soziales und Integration
(Klose)