Limburg. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ – Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland fasst einfach und klar zusammen, was uns heute selbstverständlich erscheint. Dass die Gleichberechtigung vor 75 Jahren im Grundgesetz festgeschrieben und damit in unserer Verfassung verankert wurde, geht auf das Engagement von starken Frauen zurück, die trotz vielfältiger Widerstände für Frauenrechte plädierten. Ohne die Hartnäckigkeit dieser und vieler weiterer Frauen, die sich öffentlich für die volle Gleichberechtigung einsetzten, wäre diese Formulierung nicht zustande gekommen.
Das beleuchtete eine Kooperationsveranstaltung der Frauenbüros des Landkreises Limburg-Weilburg, der Kreisstadt Limburg und der Katholischen Erwachsenenbildung Limburg (KEB). Zu Gast war die Historikerin, Autorin und Journalistin Prof. Dr. Miriam Gebhardt, die aus ihrem jüngsten Buch „Die kurze Stunde der Frauen“ las und mit den Teilnehmenden ins Gespräch kam.
Im Verlauf der Veranstaltung machte die Referentin klar, dass die Gleichstellung zwar ab 1949 gesetzlich festgeschrieben war, im wahren Leben der Frauen machte sich das aber nicht unmittelbar bemerkbar. Im Alltag der Nachkriegszeit erlebte das Idyll einer bürgerlichen Familie mit klassischer Rollenverteilung nämlich eine wahre Blütezeit. Inmitten von Wirren und Veränderungen im Nachkriegsdeutschland schienen bürgerliche Ideale Stabilität zu garantieren.
Am Kriegsende waren rund elf Millionen Wehrmachtssoldaten in Kriegsgefangenschaft, fünf Millionen waren im Krieg gestorben. Es gab ein riesiges Defizit an Arbeitskräften. Wo Männer fehlten, übernahmen Frauen die Arbeit. Schon während des Zweiten Weltkriegs waren viele in die Erwerbsarbeit eingebunden.
Langfristig stellte sich jedoch heraus, dass Frauen in beiden deutschen Staaten politisch und wirtschaftlich weiterhin in den Hintergrund gedrängt wurden.
Überraschend war für die meisten der rund 60 Interessierten im Historischen Sitzungssaal des Limburger Rathauses, dass die Wahrnehmung der Trümmerfrauen neu überdacht werden muss. Das Bild der selbstlosen, zupackenden Frau, die fröhlich die Ärmel hochkrempelt und beherzt mit dem Schutt der Ruinen zugleich ihre eigene Gleichberechtigung anpackt – es ist ein Mythos.
Die bekannten Fotos von wohlgenährten, pausbäckigen Heldinnen in Kittelschürze entlarvte Gebhardt als Inszenierung. Viele Fotos waren seinerzeit gestellt und, die Frauen teils geschminkt, um in einer Medienkampagne die harte Arbeit positiv umzudeuten.
Am Ende der Veranstaltung, nahm die Leiterin des Frauenbüros des Landkreises Limburg-Weilburg, Ute Jungmann-Hauff, die heutige Situation in den Blick. Im Jahr 1987 wurde das Frauenbüro des Landkreises Limburg-Weilburg eingerichtet. Die Umsetzung von Chancengleichheit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stehen ganz oben auf der Agenda, ebenso wie die Förderung von Frauen in Führungspositionen. „Nur diejenigen, die den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen und Veränderungen mitzutragen, können alte Rollenbilder durchbrechen und neue Ziele und Maßstäbe festlegen“, bekräftigte Ute Jungmann-Hauff.
Gleiche Arbeit gleich entlohnen - das ist noch längst nicht in allen Berufssparten üblich. Carmen von Fischke, Leiterin des Frauenbüros der Kreisstadt Limburg, betonte, dass die öffentliche Verwaltung hier ein gutes Vorbild sei: „Gleiche Qualifikation und gleiche Aufgabe bedeutet auch gleiche Bezahlung. Das ist ein echter Pluspunkt für die Arbeit im Öffentlichen Dienst“.
Einig waren sich Referentin, Veranstalterinnen und Teilnehmende des Abends darin, dass zwar schon viel erreicht wurde hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern, dass es aber noch ein weiter Weg ist, bis dieser Artikel des Grundgesetzes vollkommen umgesetzt ist.